Aufmerksame Leser unseres Blogs sind bereits darüber aufgeklärt, wie entscheidend eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung in der Kindheit und Jugend ist:
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Doch wie ernähren sich Deutschlands Kinder und Jugendliche wirklich und welche Auffälligkeiten gibt es? In diesem Blogartikel stellen wir Euch wesentliche Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung, der EsKiMo II Studie vor und leiten Euch praktische Handlungsempfehlungen ab.
Was bedeutet EsKiMo?
EsKiMo I (2009 - 2012) und EsKiMo II (2015 - 2017) wurden als Querschnittstudien im Rahmen von KiGGS durchgeführt. „KiGGS“ bezeichnet die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des Robert-Koch-Instituts (RKI). Dieses Monitoring wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Die Abkürzung „EsKiMo“ steht für Ernährungsstudie als KiGGS-Modul. Ziel ist die Erforschung des Ernährungsverhaltens von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren in Deutschland.
Was und wie wurde untersucht?
In EsKiMo II wurde das Ernährungsverhalten von 2.644 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren aus 167 Städten und Gemeinden in Deutschland untersucht.
Der Lebensmittelverzehr von 6- bis 11-jährigen Kindern (n= 1.285) wurde mit Hilfe der Eltern durch Wiegeprotokolle, z. B. mittels digitaler Küchenwaage, ermittelt. Von den Jugendlichen (12 - 17 Jahre; n= 1.359) wurde der Verzehr mit einem umfangreichen Ernährungsinterview abgefragt. Beide Untersuchungsgruppen wurden zusätzlich anhand von Kurzfragebögen befragt. [2].
Zur Bewertung des Lebensmittelverzehrs wurden die Untersuchungsergebnisse den Empfehlungen zur Optimierten Mischkost (OMK) des Forschungsinstituts für Kinderernährung Dortmund gegenübergestellt (vgl. Tab. 1) [1].
Tab. 1: Richtwerte für Verzehrmengen v. Lebensmitteln gem. OMK [1]
1 Milchäquivalente, d. h. 100 g Milch entsprechen 100 g Joghurt oder 30 g Käse; ² 100 kcal entsprechen etwa 20 g Schokolade, 30 g Marmelade, 45 g Obstkuchen, 10 Chips oder 200 ml Limonade [1]
Die Nährstoffaufnahme der Kinder und Jugendlichen wurde anhand der D-A-CH-Referenzwerte und des Durchschnittsbedarfs für die Zufuhr von Makronährstoffen (Proteine, Kohlenhydrate & Fette) bewertet (vgl. Tab. 2).
Tab. 2: D-A-CH-Referenzwerte und Durchschnittsbedarf: Zufuhr Makronährstoffe [2]
Ergebnisse
Die adäquate Versorgung mit Energie und Nährstoffen ist entscheidend für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und ein ausgeglichener Energiehaushalt essenziell für ein gesundes Körpergewicht, eine angemessene Körperzusammensetzung sowie ein gesundes Aktivitätsniveau. Insgesamt konnte die Untersuchung zeigen, dass die Energiezufuhr bei 6- bis 11-jährigen Mädchen sowie bei 12- bis 17-jährigen Jugendlichen beider Geschlechter leicht unter den jeweiligen Referenzwerten liegt, die Kinder also etwas zu wenig Energie zu sich nehmen. Lediglich in der Gruppe der 6- bis 11-jährigen Jungen konnte nahezu eine vollständige Übereinstimmung mit den Referenzwerten festgestellt werden. Zwischen den beiden Erhebungen EsKiMo I (2003) und EsKiMo II (2017) wurde ein signifikanter Rückgang der Energiezufuhr festgestellt. Trotz dieser Abnahme blieb die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen zwischen 2003 und 2017 weitgehend stabil. In der EsKiMo-II-Stichprobe konnte zudem eine Zunahme von Untergewicht festgestellt werden.
Die Hauptquellen für die Energiezufuhr sind bei Kindern Brot, Süßwaren, Kuchen und Milchprodukte, während bei Jugendlichen Brot, Süßwaren, Milchprodukte und Wurstwaren die größte Rolle spielen.
Proteine
Nahrungsproteine stellen essenzielle Lieferanten von Aminosäuren dar, welche im Kindes- und Jugendalter sowohl für den Erhalt von Körperprotein als auch für das Wachstum benötigt werden. Die absolute Proteinzufuhr pro Kilogramm Körpergewicht übersteigt in allen Altersgruppen sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen deutlich die jeweiligen Referenzwerte.
Die Hauptquellen für Protein in der Ernährung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind Brot, Wurstwaren, Milchprodukte sowie Fleisch und Innereien.
Fette
Nahrungsfett stellt eine wesentliche Energiequelle dar, versorgt den menschlichen Körper mit essenziellen Fettsäuren und dient zudem als Baustoff für Zellbestandteile. Die prozentualen Anteile der Fettzufuhr liegen für Kinder zwar im Bereich der empfohlenen 30 bis 35 Energieprozent. Die Fettsäurezusammensetzung ist allerdings suboptimal. Während die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren bspw. aus verarbeiteten Lebensmitteln zu hoch ist, ist der von einfach ungesättigten Fettsäuren gerade ausreichend. Der Anteil an gesundheitsförderlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist dahingegen zu gering.
Im Kindesalter stellen Wurstwaren, Süßwaren, Kuchen, Milchprodukte sowie pflanzliche Fette die Hauptquellen für die Fettzufuhr dar. Bei Jugendlichen hingegen dominieren Wurstwaren, pflanzliche und tierische Fette sowie Süßwaren.
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate stellen neben Fetten eine wesentliche Quelle Energiequelle dar. Zwar zeigen die Ergebnisse, dass insgesamt der empfohlene Bereich von über 50 Energieprozent Kohlenhydrate von allen Altersgruppen erreicht wird, allerdings erfolgt die Aufnahme zum Großteil über Brot und Süßwaren, was zu einer hohen Gesamtzuckeraufnahme führt.
Handlungsempfehlungen
Die Ernährungssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zeigt positive Tendenzen, wie den Rückgang des Konsums zuckergesüßter Getränke. Dennoch gibt es Handlungsbedarf!
Zwar nehmen unsere Kinder Makronährstoffe in ausreichendem Maße zu sich, allerdings ist nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität entscheidend:
Proteine
Wer auf gesunde Proteinquellen zurückgreifen will, ist mit Hülsenfrüchten wie Erbsen, Bohnen und Linsen, Haferflocken, Nüssen, magerem Fleisch und Milchprodukten – vorausgesetzt alles ist möglichst gering verarbeitet – gut bedient.
Fette
Der Anteil an gesundheitsförderlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist zu gering. Nahrungsmittel, die diese gesunden Fette enthalten sind zum Beispiel Nüssen, naturbelassenen und kaltgepressten pflanzlichen Ölen und Fisch.
Kohlenhydrate
Kohlenhydratquellen, die gesund sind und lange satt machen sind u.a. Hülsenfrüchte, Kartoffeln, naturbelassene Hafer- und Getreideflocken als auch Quinoa, Reis und Vollkornbrot.
Wisst ihr, ob Eure Kinder die Ernährungsempfehlungen erfüllen? Mit einem Ernährungstagebuch, in welchem ihr gemeinsam mit Euren Kindern über eine Woche hinweg dokumentiert, welche Lebensmittel in welcher Menge gegessen werden, bekommt ihr ein Gespür für die täglichen Essgewohnheiten Eurer Kinder (oder Eurer eigenen). Werden diese erreicht, überschritten oder wird – eventuell begründet durch einen Bewegungsmangel – zu wenig gegessen?
Ein Beispiel für ein Ernährungstagebuch findet ihr hier: https://kinder-gastroenterologie.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc17/Kinderheilkunde/kinder-gastroenterologie/Formulare/Ern%C3%A4hrungs-_und_Symptomprotokoll.pdf
Der Grundstein für ein gesundes Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen wird zu Hause in der Familie gelegt. Das Ziel von Project childfit ist es genau darüber aufzuklären und zu sensibilisieren.
Wenn Ihr, liebe Eltern, Euch mit der Gesundheit Eurer Kinder beschäftigt, stetig dazulernt und als gute Vorbilder voranschreitet, ist der wichtigste Schritt zu einer gesundheitsförderlichen Lebensgestaltung bereits getan.
Quellen
Kersting, M., Kalhoff, H. & Lücke, T. (2017). Von Nährstoffen zu Lebensmitteln und Mahlzeiten. Das Konzept der Optimierten Mischkost für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Aktuelle Ernährungsmedizin, 42 (04), 304-315.
Mensink, G. B. M., Haftenberger, M., Lage Barbosa, C., Brettschneider, A.-K., Lehmann, F., Frank, M. et al. (2021). EsKiMo II - Die Ernährungsstudie als KiGGS-Modul (2. Aufl.) (Robert Koch-Institut, Hrsg.). Zugriff am 31.08.2024. Verfügbar unter https://edoc.rki.de/handle/176904/6887.2
Autor: Jan Reimann
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