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Der Kindergesundheitsbericht 2024 – Eine Übersicht

Jan Reimann

Im Kindergesundheitsbericht 2024 – Fokus: Schule & Gesundheit der Stiftung Kindergesundheit präsentieren renommierte Forscherinnen und Forscher, Expertinnen und Experten fakten- und wissenschaftsbasierte Einblicke in ihr Fachgebiet. Der Bericht, am 26. November 2024 in Berlin vorgestellt, bietet eine umfassende Analyse der Jugendgesundheit und beleuchtet besonders wichtige Aspekte. Die Stiftung Kindergesundheit tritt als gemeinnützige Organisation an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis auf. Ihren Sitz hat sie an der Kinderklinik und Kinderpoliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München.

 

„There can be no keener revelation of a societyʼs soul than in which it treats its children.

- Nelson R. Mandela, 8. Mai 1995 als Präsident der Republik Südafrika

 

Dieses Zitat zu Beginn des 140 Seiten starken Berichts sticht hervor. „Es gibt kein schärferes Zeichen für die Seele einer Gesellschaft als die Art und Weise, wie sie ihre Kindern behandelt“ lautet eine mögliche Übersetzung. Der Bericht richtet sich in erster Linie an politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie alle Akteure, die sich mit dem Wohlergehen von Kindern befassen.

 

Fokus: Schule & Gesundheit

„Ein gesundes Kind kann besser lernen, und ein Kind mit Zugang zu Bildung hat bessere Chancen auf ein gesundes Leben“ heißt es in der Zusammenfassung. Schulen bilden zentrale Settings, in welchen Kinder und Jugendliche einen Großteil ihres Alltags verbringen. Hier sollte nicht bloß Wissen, sondern ebenso Gesundheitskompetenz vermittelt, emotionale und soziale Entwicklung ermöglicht sowie der Aufbau langfristiger gesunder Verhaltensweisen gefördert werden. Prävention, Gesundheitsförderung und psychisches Wohlbefinden müssen demnach eine zentrale Rolle spielen.

 

Die Herausgeber haben insgesamt vier entscheidende Problemfelder identifiziert:


1.      Gesundheitliche Versorgung für chronisch kranke Kinder und Jugendliche

Über 200.000 Kinder & Jugendliche in Deutschland sind chronisch krank oder schwerbehindert, 32.000 Kinder & Jugendliche haben Diabetes. 8,9 % der Schülerinnen und Schülern diagnostiziert man Asthma, 2 - 6 % ADHS. 568.000 Schülerinnen und Schüler (7,7 %) weisen sonderpädagogischem Förderbedarf auf, davon befinden sich 44,7 % jedoch in einer Regelschule.


2.      Ernährung

Übergewicht ist bei mind. 15 % der Kinder & Jugendlichen zu verzeichnen. Eine gesunde Schulverpflegung wird als eminente Chance für alle Kinder betrachtet, besonders bei niedrigem sozioökonomischem Status.


3.      Körperliche Aktivität

Nur 10,8 % der Mädchen und 20,9 % der Jungen erreichen die WHO-Empfehlung von 60 Minuten moderater Aktivität pro Tag. Mangelnde Bewegung führt automatisch zu einem erhöhten Krankheitsrisiko.


4.      Mentale Gesundheit

Bis zu 20 % der Schülerinnen und Schüler sind behandlungsbedürftig. 14 % haben Erfahrung mit Mobbing, 7 % mit Cybermobbing gemacht. Ernüchternd ist in diesem Zusammenhang der festgestellte Mangel an psychologischer Unterstützung und verfügbaren Kapazitäten. Die Kultusministerkonferenz empfiehlt bereits seit 1973 einen Schulpsychologen pro 5.000 Schülerinnen und Schüler vorzuhalten – diese Quote wird bis heute nicht flächendeckend erreicht.

Außerdem ist von belasteten Lehrkräften die Rede. Die Komplexität des Lehrberufs nimmt zu, während bis zu 85.000 Kräfte fehlen. 10 – 30 % der Lehrkräfte zeigen Erschöpfungssymptome und psychische Erkrankungen werden häufiger als in anderen Berufen gemeldet.



Was muss sich ändern?


Systemische Verankerung der Gesundheitsförderung

Eine nachhaltige Verankerung von Prävention und die Vermittlung von Gesundheitskompetenzen wird anstelle von kurzfristiger Einzelprojekte gefordert. Gesundheitsbildung soll sowohl im Schulleitbild als auch im Unterricht fest integriert sein. Das Bildungs- muss somit mit dem Gesundheitssystem zusammenwirken und Synergien schaffen. Gesundheitskompetenz erwerben bedeutet, zu lernen, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.

 

Stärkung der mentalen Gesundheit in Schulen

Eine strukturelle und finanzielle Verankerung von Fachkräften, wie Schulpsychologen und Sozialarbeitern muss geschaffen werden, um ausreichende Unterstützung und Versorgung der Schülerinnen und Schüler sicherstellen zu können. Dies kann durch eine Verankerung schulpsychologischer Betreuung in der Schulgesetzgebung erfolgen.

 

Vernetzung und Koordination der Akteure

Eine Vielzahl von Akteuren ist bereits im Schulsystem aktiv: Vertrauenslehrkräfte, Schulpsychologen, Schul- und Jugendsozialarbeiterinnen, der öffentliche Gesundheitsdienst, Schulgesundheitsfachkräfte oder Mental Health Coaches. Eine bessere Vernetzung und Koordination der verschiedenen Professionen und Institutionen ist nötig, um besser aufeinander abgestimmt, Gesundheitsschutz und -förderung der Schülerinnen und Schüler zu leisten.

 

Einführung von Schulgesundheitsfachkräften (SGFK)

Eine speziell ausgebildete Schulgesundheitsfachkraft in der Schule bietet Erste Hilfe bei akuten gesundheitlichen Problemen, Hilfe bei chronischen Erkrankungen und ist Anlaufstelle für Gesundheitsfragen, Prävention und Aufklärung. Die Fachkraft übernimmt die Koordination mit externen Hilfesystemen und entlastet so die Lehrkräfte. Studien zeigen außerdem, dass SGFK die Bildungs- und Gesundheitschancen von Schülerinnen verbessern, dem Schulabsentismus entgegenwirken, Inklusion fördern und erhebliche Kosteneinsparungen bedeuten. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegekräfte haben dazu ideale Eignungen. Hier erscheint ein Ausbau der Ausbildung in Gesundheits- und Kinderkrankenpflege wünschenswert.

 

Die Autoren kommen u. a. zu dem Schluss, dass sich aus der allgemeinen Schulpflicht eine „staatliche Fürsorgeverpflichtung für die körperliche und psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Schulalltag“ ergibt. Was ihr als Eltern tun könnt, euern Kindern eine geeignete Gesundheitskompetenz mit auf den Weg zu geben, lest ihr in den vielen verschiedenen Artikeln in unserem Blog.



Quellen

Koletzko B., Bühren K., Thaiss H., Horacek U., Romanos M., Philippi A.: Kindergesundheitsbericht 2024, Fokus Gesundheit und Schule, Stiftung Kindergesundheit 2024

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